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III. Prozeß in einem Vorbehaltsstaat
Haben die Parteien ihre Niederlassung oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt zwar in verschiedenen Staaten, sind diese jedoch nicht beide Vertragsstaaten des UN-Kaufrechts, so kann das UN-Kaufrecht über seinen Art. 1 I lit. a) nicht angewandt werden (68). Sofern kein anderes Einheitsrecht zu beachten ist, muß das maßgebende Recht über das im Vorbehaltsstaat geltende IPR ermittelt werden. l. IPR des Vorbehaltsstaates Verweist das IPR des Forums auf das Recht eines Nichtvertragsstaates, kann das UN-Kaufrecht nur mittels eines renvoi auf das Recht eines Vertragsstaates zur Anwendung kommen (siehe unten III l a). Beruft jedoch das IPR der lex fori unmittelbar das Recht eines Vertragsstaates, so fragt sich, ob auf das dort geltende Sachrecht des UN-Kaufrechts verwiesen wird. Ganz wie bei Art. 1 I lit. b) UN-WKG erscheint hier eine kollisionsrechtlich vermittelte Anwendung des UN-Kaufrechts möglich. Im Gegensatz zu Art. 1 I lit. b) UN-WKG bestehen jedoch bei der unmittelbaren, nicht durch das UN-Kaufrecht vermittelten Hinwendung zum IPR, wie es in einem Vorbehaltsstaat geschehen muß, zwei Unterschiede: Zum einen bestimmt die berufene Rechtsordnung das anwendbare allgemeine oder besondere Sachrceht (und nicht das UN-Kaufrecht selbst, bedingt durch eine Verweisung auf einen Vertragsstaat); zum anderen ist zu beachten, ob das IPR des Vorbehaltsstaates eine Sachnormverweisung ausspricht oder einen renvoi berücksichtigt (69). a) IPR-Verweisung Beachtet das Internationale Kaufvertragsrecht des Vorbehaltsstaates einen renvoi (70), so haben die Gerichte dieses Staates das vom IPR der berufenen Rechtsordnung für maßgeblich erklärte Sachrecht anzuwenden. Bei einer Verweisung auf das Recht eines Vertragsstaates des UN-Kaufrechts hieße das: Das UN-Kaufrecht käme nur dann zur Anwendung, wenn die primär oder erst mittels eines renvoi berufene Rechtsordnung über Art. 1 I lit. b) UN-WKG (die Parteien haben, wie hier vorausgesetzt, ihren Sitz nicht in verschiedenen Vertragsstaaten) das UN-Kaufrecht für maßgebend erklärte. Ich will auf diese Konstellation nicht weiter eingehen, da das Internationale Kaufvertragsrecht der EG-Staaten (71) und vieler anderer Staaten (72) keine IPR-Verweisung ausspricht. b) Sachnormverweisung Eine Sachnormverweisung verzichtet insofern auf eine internationale Entscheidungsharmonie, als sie fremdes Recht auch dann beruft und anwendet, wenn dieses selbst nach seinem IPR nicht angewandt sein will. Die verweisende Rechtsordnung hat lediglich das fremde Sachrecht so anzuwenden, wie ein Gericht dieses Staates es täte, sofern dessen IPR das eigene Sachrecht für maßgeblich hielte. Eine solche Sachnormverweisung besagt freilich nicht, daß jegliches Kollisionsrecht der berufenen Rechtsordnung unbeachtlich ist. Hier interessiert vor allem die Abgrenzung zwischen dem Kaufrecht für rein interne Fälle und dem Recht für internationale Warenkäufe als einem Sonderrecht dir internationale Rechtsgeschäfte.
(68) Für die unmittelbare Anwendung gilt das bei II a Gesagte, und für eine Verweisung auf Nichtvertragsstaaten trifft das bei II 1 d Erwähnte zu.
(69) Hierauf macht mit Recht aufmerksam Réczei, Rules 66; ders., Area of Operation 518 f. (70) So etwa das österreichische IPR (oben N. 44); hierzu vor allem Loewe, Anwendungsgebiet, Auslegung, Lücken, Handelsgcbräuche, in: Wiener Übereinkommen 11-20 (15f.). (71) Vgl. Art. 15 EG-Schuldvertragsübereinkommen vom 19. 6. 1980 (oben N. 16). (72) Vgl. z.B. neuestens Artt. 14 l, 117 schweizerisches IPR-Gesetz, BBl. 1988 I 5 (noch nicht in Kraft; vgl. die Kurzinformation RabelsZ 52 [1988] 378 [Heft 1 -2j]. |