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2. Abgrenzung besonderen Sachrechts
a) Kollisionsregeln der berufenen Rechtsordnung Hat die berufene Rechtsordnung ein allgemeines Privatrecht und ein Sonderprivatrecht für spezielle Sachverhalte, so überläßt es die lex fori der berufenen Rechtsordnung, durch eigene "Kollisionsnormen" spezieller Art den Anwendungsbereich beider Privatrechtsordnungen zu bestimmen und gegeneinander abzugrenzen. Diese Aufgabe fällt leicht, wenn das Sonderprivatrecht das in einem Handelsgesetzbuch kodifizierte Handelsrecht ist. Denn dieses Rechtsgebict läßt sich durch persönliche und sachliche Voraussetzungen vom allgemeinen Privatrecht jedenfalls für praktische Zwecke klar trennen. Dies ist anders bei einem Sonderprivatrecht für internationale Sachverhalte. Hier sind auch gewisse räumlich-persönliche Abgrenzungskriterien zu beachten. Diese sind jedoch - zumindest teilweise - internationalprivatrechtlicher Natur, und gerade diese Kollisionsnormen einer berufenen Rechtsordnung sind bei einer Sachnormverweisung eben nicht zu beachten. Wie die Abgrenzungskriterien zwischen allgemeinem und besonderem Sachrecht von den Kollisionsregeln internationalprivatrechtlicher Natur abzugrenzen sind, kann uns das berufene Recht allein nicht sagen. Die lex fori mit ihrer Sachnormverweisung muß in erster Linie selbst den Umfang ihrer Verweisung festlegen. b) Verweisungsregeln der lex fori Die Verweisungsregeln der lex fori müssen bestimmen, inwieweit und unter welchen Bedingungen sie ausländisches Recht beachten wollen (siehe oben III 1). Bei fremdem Sonderprivatrecht für internationale Sachverhalte fragt sich, ob überhaupt die typischen Anwendungsvoraussetzungen von solchen mehr sekundärer Natur sinnvoll geschieden werden können; denn selbst Umschreibungen der Internationalität, wie sie z. B. Art. 1 I Halbs. 1 UN-WKG oder Art. 1 I litt. a)-c) EKG formulieren, enthalten international-privatrechtliche Aspekte. Trotzdem lassen sich bei Art. 1 I UN-WKG zwei verschiedene Typen von Anwendungsvoraussetzungen unterscheiden. Die grundlegende Voraussetzung enthält Art. 1 I UN-WKG in seinem Halbsatz 1: Die Kaufvertragsparteien müssen ihre Niederlassung in verschiedenen Staaten haben (73). Dies ist das entscheidende Merkmal eines internationalen Warenkaufes. Deswegen ist immer wieder gefordert worden, es bei diesem einzigen Merkmal zu belassen (74). Daß das UN-Kaufrecht dem nicht gefolgt ist, zeigen die weiteren Anwendungsvoraussetzungen von litt. a) und b) des Art. 1 l UN-WKG. In diesen Vorschriften wird zusätzlich gefordert, daß die Parteien durch ihre Niederlassung (lit. a) oder das anwendbare Recht (lit. b) eine gewisse Beziehung zu einem Vertragsstaat des UN-Kaufrechts haben müssen. Zwar geht es hier um keine Gegenseitigkeitsklauseln (75). Der Anwendungsbereich des UN-Kautrechts wird jedoch einerseits eingeschränkt (lit. a), andererseits wieder erweitert (lit. b). Diese Art Springprozession beruht auf Gründen, die mit der Typizität eines internationalen Warenkaufvertrages nichts zu tun haben. Es handelt sich um kollisionsrechtliche Anwendungsvoraussetzungen, die bei speziellen Sachnormen für internationale Sachverhalte wenig sinnvoll sind, sondern zürn mittlerweile fast überholten Arsenal derjenigen Regeln gehören, mit denen IPR-Konventionen (76) und andere Staatsverträge über internationale Sachverhalte (77) ihren Anwendungsbereich bestimmen. Deshalb sollte eine Sachnormverweisung des Forumstaates auf das Recht eines Vertragsstaates des UN-Kaufrechts nicht beachten, ob in diesem Staat die in litt. a) und b) des Art. 1 I UN-WKG genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Lediglich die Niederlassung der Parteien muß sich "offensichtlich" im Sinne des Art. 1 II UN-WKG in verschiedenen Staaten befinden.
(73) So auch Ph. Kahn, La Convention de Vienne du 11 april 1980 sur les contrats de vente internationale de marchandises: Rev. int. dr. comp. 33 (1981) 951-986 (959).
(74) Vgl.J. Kropholler, Internationales Einheitsrecht, Allgemeine Lehren (1975) 191-197 (Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrecht, 39). (75) v. Overbeck (oben N. 21) 124f. (76) Vgl. etwa Art. 13 I Haager Übereinkommen vom 5. 10. 1961 über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen, BGBl. 1971 II 219; Act. Doc. La Haye 9. Sess. 1960 IV 213; RabelsZ 27 (1962/63) 547; U.N.T.S. 658, 143 (gewöhnlicher Aufenthalt in Vertragsstaat); Art. 6 Haager Übereinkommen von 24. 10. 1956 über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht, BGBl. 1961 II 1013; Actes La Haye 8. Sess. 1956, 348; U.N.T.S. 510,161 (anwendbares Recht muß das eines Vertragsstaates sein). (77) Vgl. z. B. Art. 3 I und II Berner Übereinkunft vom 9. 9. 1886 zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (Pariser Fassung vom 24. 7. 1971), BGBl. 1973 II 1071; Art. II Welturheberrechtsabkommen vom 6.9.1952 (Pariser Fassung vom 24. 7.1971), BGBl. 1973 II 1111. |
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